Büchervorstellung - Bücher der ersten Tage in der Trauer
Büchervorstellung – Die Bücher der ersten Tage
Puh, ich habe Unmengen an Büchern die letzten 17 Monate gelesen: von klassischen Trauerbüchern bis hin zu Romanen, die sich mit Trauer beschäftigen, Biografien verwaister Eltern und Kinderbüchern.
Was ist gut, was ist schlecht? Was passt, was passt nicht? Ich tue mir schwer mit Empfehlungen.
Jeder trauert anders, jeder begleitet anders – aber alle Bücher gaben mir auf meinem Weg etwas, das ich zu dem Zeitpunkt brauchte.
Die Bücher der ersten Wochen
1. Das Trauerbuch für Eltern, Kösel Verlag, Silia Wiebe, Silke Baumgarten
Das Buch erschien erstmals 2017 und bietet eine Übersicht über kurzgehaltene Erfahrungsberichte verwaister Eltern. Berichten tuen Eltern, die ihr Kind durch Unfall, Krankheit, in der Schwangerschaft oder ein Gewaltverbrechen verloren haben. Die Berichte sind im Protokoll Stil gehalten, was ein schnelles und einfaches Lesen erlaubt. Man kann auch quer lesen - die Berichte, die einen aufgrund einer kurzen und einen Überblick gebenden Einleitung ansprechen. Es zeigt die Vielseitigkeit und Individualität von Trauerprozessen. Besonders geeignet für die erste Zeit, auch für Angehörige und als Geschenk für verwaiste Eltern.
2. Verwaiste Eltern, Kreuz Verlag, Harriet S. Schiff
Die Autorin berichtet über ihre Erfahrungen im Umgang mit dem Tod ihres 10 jährigen Sohnes. Das Buch stammt von 1978. Mitunter ist der Ausblick etwas verstörend und hat besonders mir mehr Angst als Hilfe und Zuspruch gegeben: es werden u.a. soziale Ausgrenzung und Eheprobleme thematisiert, aber auch wellenartige Trauerentwicklungen beschrieben, die einen später in Erinnerung kommen, wenn / falls man Ähnliches erleidet. Insgesamt eher schwer verdauliche Lektüre – gerade in den ersten Tagen.
3. Unser Kind ist tot, Quadriga Verlag, Dona Kujacinski
In dem Buch werden ebenfalls in Form kurzer Berichte die Schicksale verwaister Elter geschildert. Interessant ist der Verweis am Ende jeder Episode über die Initiativen, die Organisationen oder Projekte, die die verwaisten Eltern im Gedenken an ihre verstorbenen Kinder gestartet haben. Leicht und schnell lesbar wie “Das Trauerbuch für Eltern”. Ebenfalls für Angehörige und als Geschenk für verwaiste Eltern gut geeignet.
4. Trauern, Kreuz Verlag, Verena Kast
Verena Kast ist quasi die Päpstin der Trauerforschung gewesen. Sie hat versucht Trauer anhand von ihren wissenschaftlichen Untersuchungen in Phasen zu unterteilen. Das Buch beschreibt diese Phasen und ihre psychologischen Auswirkungen anhand von Beispielen. Es ist leicht zu lesen, sicherlich auch interessant für Angehörige von Trauernden.
Allerdings fand ich, dass es auch eine Erwartungshaltung hervorruft. Als Trauernder und auch als Angehöriger kann die Erwartung entstehen, dass Betroffene die Phasen exakt in der Art und Reihenfolge durchleben. Für mich war dies nicht zutreffend. Dennoch half es mir meine Gefühle besser einzuordnen und zu verstehen. Empfehlenswert zu jeder Trauerzeit.
5. Geschichten, die das Leben erzählt, weil der Tod sie geschrieben hat, Patmos Verlag, Mechthild Schroeter-Rupieper
Die Autorin Mechthild Schroeter-Rupieper ist eine bekannte Trauerbegleiterin und beschreibt in dem Buch echte Geschichten aus ihrem Berufsalltag. Dabei geht es um Geschichten von verwaiste Eltern, Kinder, die Eltern oder Geschwister verloren haben und ihre Sicht auf das Thema Tod, Abschied, Beerdigung geben. Dabei eröffnet das Buch ganz wunderbare Einsichten in die Gedankenwelt von Jugendlichen und Kindern, die dem Tod so anders als die meisten Erwachsenen begegnen können. Sehr angenehm und schnell zu lesen.
6. Promise me Dad, Flatiron Books, Joe Bidden
Promise me Dad ist ein Buch des ehemaligen US-amerikanischen Vizepräsidentens Joe Bidden. Er verlor bereits mit 30 Jahren durch einen Unfall seine damalige Ehefrau und einjährige Tochter und musste gerade vereidigt als Senator seine beiden Söhne, die bei dem Unfall dabei waren, auffangen. Kurz bevor er als demokratischer Präsident kanidieren sollte, verstarb sein ältester Sohn an einem unheilbaren Gehirntumor. Das Buch versteht sich nicht als Trauerbuch, sondern ist vielmehr als Dokumentation politischer und privater Geschehnisse Biddens zu verstehen. Er lässt eigene Emotionen weitestgehend weg, beschreibt aber seinen Konflikt zwischen beruflicher Verantwortung und privaten Sorgen auf eindringliche Art und Weise.
Mich bestätigte das Buch vor allem in meiner eigenen Wahrnehmung, dass mir persönlich Beschäftigung und Aktiv sein in der Trauer half und hilft. Keep me busy, war die Reaktion Biddens zu seinem Sekretär als Reaktion auf die Diagnose und den späteren Tod seines Sohnes. Seine Erfahrung aus dem Tod seiner Frau und Tochter hatte ihm bereits für sich gezeigt, dass das sein Weg war, um mit der Trauer zu leben.
Besonders empfehlenswert finde ich es für Väter, da sie häufig anders als die Mütter und manches mal verschlossener trauern. Ebenso beschreibt es den Spagat zwischen beruflicher Verantwortung und Trauer, was bei Männern in der Trauer sicherlich immer ein Thema ist.
Insgesamt sehr zu empfehlen, wenn man in der Trauer schon etwas vorangeschritten ist und eine Lektüre sucht, die einerseits Zuflucht, aber auch Abwechslung bieten soll.
7. Vier minus Drei, Heyne Verlag, Barbara Pachl-Eberhart
Der Roman Vier minus Drei ist mein persönliches Lieblingsbuch. Die Autorin Barbara Pachl-Eberhardt verlor durch einen Unfall ihre komplette Familie. Es ist ein Buch, das auf eindrucksvolle Art und Weise schildert, wie vielseitig und auch positiv der Trauerprozess sein kann. Welche Zeichen, Vorahnungen, Momente man als Betroffener erlebt, wie man es schaffen kann ein Leben aufzubauen nach dem Verlust, aber immer mit den Verstorbenen. Ebenso wie man auch als Betroffener seinen Weg machen kann, in dem man offen bleibt für das Leben. Ihr Motto (und auch unseres): nur im Leben, im Alltag bleiben Erinnerungen spürbar. Das Buch liest sich sehr berührend und angenehm. Ich habe es z.B. auch im Freundeskreis unseres Sohnes verschenkt, um seinen Erzieherinnen Trost zu spenden.
Weitere Bücher:
Weitere Bücher, die ich zu späteren Zeitpunkten gelesen habe und euch in Kürze weitervorstellen möchte, heißen wie folgt:
Warum gerade du?, Heyne Verlag, Barbara Pachl-Eberhart
Lass Los, es reicht, Wege aus der Verbitterung, Ecowin Verlag, Sigrid Engelbrecht, Michael Linden
Leben nach dem Tod, rororo Verlag, Raymond A Moody
Überleben & Scheitern, Die Kunst in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen, Knaus Verlag, Georg Pieper
Option B, Facing Adversity, Building resilience and finding joy, Knopf Verlag, Sheryl Sandberg
Ohne dich, Hilfe für Tage, an denen die Trauer besonders schmerzt, Kösel Verlag, Freya v. Stülpnagel
Wo finde ich dich?, Kösel Verlag, Freya v. Stülpnagel
It´s ok, that you are not ok, Sounds True Verlag, Megan Devine
Mutige Seelen, Heyne Verlag, Robert Schwartz
Aktuell noch auf meiner Leseliste stehend und von vielen Seiten empfohlen (und ich freue mich über weitere Anregungen!):
Yael- Umarmen und loslassen, Shabnam und Wolfgang Arzt
Die andere Seite der Trauer, George A. Bonnano
Meine Trauer wird dich finden, Roland Kac