22. November 2018

Ich habe aufgehört die Monate zu zählen. Es macht keinen Unterschied - du fehlst, dein Lachen, dein Kichern, deine Schritte, deine Locken, deine Nudeln, deine Autos, dein Alles. Inzwischen habe ich die Welt wieder angenommen, kann ertragen, dass alles auf Weihnachten zugeht, ertappe mich dabei, wie ich Kekse backen will, wie ich die Wohnung weihnachtlich dekorieren möchte und fast schon ist es normal geworden mir Gedanken darüber zu machen, wie ich dein Grab und nicht dein Kinderzimmer dekorieren werde. Den kleinen Weihnachtsbaum für dein Grab haben Louisa und ich schon besorgt, am Wochenende wird er dekoriert. Und mitten in diesem neuen Alltag schrecke ich auf und denke ich werde verrückt. Wie kann das alles normal sein? Letztes Jahr um diese Zeit schob ich deine gerade einen Monat alte Schwester durch die Straßen, auf Wegen fernab des weihnachtlichen Treibens. Ich konnte keine Schokoweihnachtsmänner, kein Spekulatius, keine Advenstkalender in den Läden stehen sehen - keine kleinen Jungs, die ich gedanklich alle auf dem Weihnachtsmarkt umher rennen sah.

Weißt du noch, die Vorweihnachtszeit 2016? Wir waren gemeinsam mit deinen kleinen Freunden und deren Mamis auf dem Weihnachtsmarkt in Hamburg-Eppendorf. Du konntest an der Hand schon laufen, aber ich hatte immer noch keine Schuhe für dich gekauft. Also trug ich dich herüber zum Karussell, denn das faszinierte dich total. Mein Blick fiel auf den Schuhladen gegenüber. “Jetzt. Ich muss ihm jetzt Schuhe kaufen, sonst kann er nicht schauen.” dachte ich und wir liefen rüber. Du bekamst dein erstes Paar Schuhe verpasst und wir bestaunten gemeinsam das Karussell. “Nächstes Jahr. Nächstes Jahr darfst du fahren…”Nächstes Jahr…Und nun? Wie hat mich dieses Versprechen und das Versäumnis dich vorher fahren zu lassen letztes Jahr gequält.

Dieses Jahr habe ich das Gefühl deine kleine Schwester unbedingt auf ein Karussell setzen zu müssen. Ist sie zu klein? Was heißt zu klein? Und wann ist sie zu groß? Ist es unfair dir gegenüber, wenn sie fahren darf?

Ich glaube, ich weiß, du wärst ein wundervoller großer Bruder, der sich neben sie setzen würde.

Wir lieben Dich!

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